Naïssam Jalal | Interview zum neuen Album und Gewinnspiel!
Naïssam Jalal veröffentlicht ihr lang erwartetes Doppelalbum Un Autre Monde. Ein persönliches und lebendiges musikalisches Universum, das sowohl inhaltlich als auch formal das Wort Freiheit mit Leben füllt.
Naïssam Jalal, herausragende Flötistin und Komponistin mit syrischen Wurzeln, geboren und aufgewachsen in einem Pariser Vorort, stammt aus einer Familie, die von musikalischer Leidenschaft und Neugierde geprägt ist. Früh schon transzendierte sie die Essenz der europäischen und arabischen klassischen Musik, die Kunst der Jazz-Improvisation, die Dringlichkeit des Hip-Hop, die Euphorie des Funk und die Vitalität afrikanischer Traditionen, mit feinem Sinn für Synthese und hypersensiblem Anschlag. Jalals musikalischer Werdegang ist gefüllt mit zahlreichen hervorragenden CD-Veröffentlichungen und prestigeträchtigen Auszeichnungen wie dem Coup de Coeur der Académie Charles Cros (2017) und den Victoires du Jazz (2019). Vorausschauend wird das Jahr 2021 geprägt sein von dem zehnjährigen Bestehen ihres Ensembles Rhythms of Resistance und der Veröffentlichung des lang erwarteten nun vorliegenden Doppelalbums Un Autre Monde (Eine andere Welt), das zum Teil live mit dem Orchestre National de Bretagne aufgenommen wurde, sowie die Rituels de Guérisons (Rituale der Heilung) beinhaltet, ein Projekt, eingespielt mit ihrem neuen Quartett-Ensemble.
Naïssam Jalal hat uns aus gegebenem Anlass ein Interview gegeben.
Interview
- Ihr neues Album Un autre monde ( Eine andere Welt) wird am 5. März veröffentlicht. Dieser Albumtitel ruft einen Wunsch nach Veränderung hervor, oder scheint Kritik an der gegenwärtigen Welt zu zeigen. Können Sie uns diese Wahl erklären? Was wollen Sie mit diesem Album vermitteln? Ist es ein Ruf nach Hilfe und Taten?
Heute haben wir alle das Gefühl, dass wir am Ende eines Zyklus, am Ende einer Ära stehen. Der Kapitalismus, der seit zwei Jahrhunderten dazu tendiert, auf Kosten unseres Lebens immer mehr Profit zu generieren, gefährdet nun das Überleben unserer Spezies. Die zunehmend unanständige Kluft, die uns von den Inhabern der politischen und finanziellen Macht trennt, erschöpft uns und lässt uns gleichzeitig verzweifeln. Unsere individuellen Freiheiten und sozialen Rechte verschwinden, und überall brechen Revolten aus, in denen sich Menschen gegen gewaltsame Unterdrückung wehren. Allzu oft erzeugen unsere Schwierigkeiten, in Würde zu leben, eine Angst, in der faschistische und fremdenfeindliche Ideologien Wurzeln schlagen. Wir alle haben das Gefühl, dass wir uns eine andere Welt vorstellen müssen.
In meiner Musik spreche ich über mich selbst. Die Entscheidung, dieses Album „Un Autre Monde“ zu nennen, ist einfach die Entscheidung, so aufrichtig wie möglich das auszudrücken, was in mir ist und was die Welt ist, indem sie mich berührt, bewegt, verletzt oder berauscht. Es ist sowohl die Geschichte meiner Gefühle, Emotionen, Ängste und Träume als auch ein Aufruf zum gemeinsamen Handeln. Denn viele empfinden so, wie ich es tue.
- Dieses Doppelalbum wurde zum einen mit Ihrem Quintett, Rhythm of Resistance, und zum anderen mit dem Nationalorchester der Bretagne aufgenommen. Es muss ein ziemlicher Unterschied sein, einerseits mit Ihrer Band über 10 Jahren zu spielen und andererseits mit einem Sinfonieorchester. Wie arbeiten Sie mit beiden Gruppen? Und haben Sie vielleicht eine Präferenz?
Dies ist meine erste Erfahrung mit dem Schreiben für ein Sinfonieorchester. Ich hatte bereits die Möglichkeit, Arrangements meiner Kompositionen für Streichquartetts zu schreiben. Ich hatte auch die Erfahrung, während meiner vielen Jahre am Konservatorium im Sinfonieorchester zu spielen. Bei meiner Arbeit mit dem Sinfonieorchester habe ich mich dafür entschieden, das Quintett präsent zu halten. Mein Quintett liegt mir sehr am Herzen. Wir spielen seit vielen Jahren zusammen, und das Vertrauen und der Respekt, der uns verbindet, ist äußerst wertvoll, um in der Musik Risiken einzugehen, über uns selbst hinauszuwachsen und über unsere Grenzen hinauszugehen. Meine Musik ist rhythmisch sehr komplex und klassische Musiker sind es nicht gewohnt, komplizierte rhythmische Überlagerungen zu spielen und darüber nachzudenken. Um die Sache zu vereinfachen, habe ich das Orchester durch vier geteilt, d.h. es gibt die gleiche Anzahl von Pulten, aber nur ein Viertel der Musiker, um Mobilität zu gewinnen. Ich diskutierte diese Entscheidung mit einem Musikwissenschaftler und er sagte mir, dass Bela Bartok, auch aus rhythmischen Gründen, mehrmals die gleiche Entscheidung getroffen hatte. Das tröstete mich bei meiner Wahl. Die Wahl von Zahia Ziouani als Dirigent für die Sinfonie war sehr wichtig. Ihre Beteiligung und ihr Engagement ermöglichten das Gelingen des Projekts und die richtige Interpretation der Musik durch die Orchestermusiker.
- Sie sind nicht nur eine Flötistin, sondern auch eine Komponistin. Sie haben bereits mit mehreren Musikgenres gearbeitet, von Jazz über Hip-Hop bis Funk… Was sind Ihre künstlerischen Inspirationen, Ihre musikalischen Einflüsse, um Ihre Werke zu komponieren?
Ich bin von vielen musikalischen Sprachen beeinflusst. Klassische Musik ist die erste Basis meiner Ausbildung, aber als ich die Improvisation entdeckte, hörte und spielte ich zunächst viel Funk und Hip-Hop. Dann ging ich zum Studium nach Damaskus und Kairo, wo ich 3 Jahre lang lebte. Klassische und traditionelle arabische Musik beeinflussen mein Repertoire stark. Ich bin auch sehr inspiriert von der Mandinka-Musik und ganz allgemein von der Musik der Sahara und Westafrikas. Auch die Hindustani-Musik nimmt einen wichtigen Platz in meiner musikalischen Vorstellungskraft ein.
- Vermissen Sie die Bühne in dieser Pandemiezeit der Pandemie? Wie erleben Sie jetzt Ihre Kunst? Wie erfassen sie das Zurückkehren zu einem normaleren Leben?*
Ich vermisse die Bühne sehr, um es mal so zu sagen. Ich kann es kaum erwarten, dass alles wieder losgeht.
- Zum Schluss noch eine letzte Frage: Was bedeutet Deutschland für Sie? Welche Erinnerungen haben Sie an das deutsche Publikum?
Es ist ein außergewöhnliches Publikum, das es versteht, zuzuhören ist und den musikalischen Ausdruck zu respektieren. Ich liebe es, in Deutschland zu spielen. Ob Berlin, Bremen oder München, es ist das einzige Land, in dem ich u.a. auch in einer Bar gespielt habe, ohne dass dies ein Problem für das Zuhören war.
Ein herzliches Dankeschön an Naïssam Jalal für dieses Interview.
GEWINNSPIEL
Gewinnen Sie mit etwas Glück die CD des neuen Albums!